Eckart Dux hat für das Hildesheimer Historienhörspiel „Die Schlangenbande“ eine Sprecherrolle übernommen
HILDESHEIM. „Mutter! Mein Gott, Blut! Mutter, wie kommt das Blut hierher? Mutter!“ Wenn man Eckart Dux gegenübersitzt und ihm beim Erzählen zuhört, setzt augenblicklich das Kopfkino ein: Dann sieht man Norman Bates vor seinem geistigen Auge, wie er vor dem Leichnam seiner Mutter kniet. Oder Gandalf der Graue, wie er auf der Brücke von Khazad Dum dem Feuerdämon entgegenbrüllt „Flamme von Udun, Du kommst hier nicht vorbei!“ Duftet es nicht plötzlich nach frischem Popcornim Raum?
Ob Anthony Perkins inHitchcocks „Psycho“ oder IanMcKellen in der „Herr der Rin-ge“-Filmreihe – Dux hat ihnen allen seine Stimme gegeben. Seit 1948 steht der mittlerweile 93-Jährige hinter dem Mikrofon und ist damit einer der drei dienstältesten Synchronsprecher Deutschlands. Doch auch in derHörspielwelt gilt Dux, 1926 in Berlin geboren, als lebende Legende. So haucht er etwa dem pausbackigen Drachen „FlitzeFeuerzahn“ Leben ein oder versorgt Conni Klawitter mit großväterlichem Rat (aus dem Kinderhörspiel „Meine Freundin Conni“). In der aktuellen 200. Jubiläumsfolge der „Drei Fragezeichen“ ist das sonore Organ von Dux ebenfalls zu hören. Mit seiner unverwechselbaren Stimme veredelte er kürzlich auch die Hildesheimer Hörspielproduktion „Die Schlangenbande“. Für das Historienhörspiel aus der Feder von Regisseur Silas Degen hat Dux im Studio von Radio Tonkuhle eine Rolle eingesprochen. Vorlage für „Die Schlangenbande“ ist der Zeitzeugenbericht des 92-jährigen Alfelders Wilhelm Sievers, der 1944 mit Verdacht auf Gründung einer bündischen Vereinigung als Hochverräter angeklagt wurde. Tonkuhle-Redakteur Thomas Muntschick hatte Sievers Geschichte in über fünfzig Interviews als Radio-Featureproduziert, Degen, der zurzeit beim Hildesheimer Bürgerradio sein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, den Stoff daraufhin als Hörspiel aufbereitet. Spätestens im Dezember soll das Hörspiel im Kasten sein und über die offizielle Projektseite im Internet veröffentlicht und in Verbindung mit einer Podiumsdiskussion in Schulen, Gedenkstätten und Universitäten vorgeführt werden.
Dux, der in „Die Schlangenbande“ die Rolle des Richters spricht, hat in seiner Jugend selbst noch den Nationalsozialismus miterlebt. „Mit 17 mussteich in diesen gottverdammten Krieg ziehen“, erinnert er sich. Als er 1945, kurz vor Kriegsende, verwundet wurde, war für ihn der Kampf vorbei. „Die haben gesagt: Den können wir hier nicht mehr gebrauchen. Gott sei Dank!“ Dux kehrte aus der Kriegsgefangenschaft zurück– und landete zuerst in Hildesheim. „Heute ist mein Besuch hier zum Glück angenehmer“, schmunzelt er. Knapp eine Stunde stand Dux für die Aufnahme vorm Tonkuhle-Mikro, seine Arbeit ist geschafft. Für die anderen Sprechrollen – insgesamt sind es rund 35 – haben Degen und Dramaturg Sebastian Barnstorf Synchronsprecher von ähnlichem Kaliber rekrutieren können. So wird man in „Die Schlangenbande“ unter anderemTobias Meister (deutsche Stimme von Brad Pitt), Bernd Rumpf (deutsche Stimme von Alan Rickman) und Patrick Bach (deutsche Stimme von Sean Astin) hören. „Man merkt, dassman mit Profis zusammenarbeitet“, weiß Barnstorf. Würde das Einsprechen sonst viel Zeit fressen, laufe mit ihnen alles viel routinierter und dementsprechend zügiger ab. Dazu komme, dass, obwohl man allen Sprechern eine kleine Gage zahle, die meisten von ihnen aus Überzeugung mitmachen würden. „Dahinter steckt ja auch eine wichtige Botschaft“, sagt Silas Degen. Unterstützt und gefördert wird die Hörspielproduktion von der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten, dem Landschaftsverband Hildesheim, der Friedrich-Weinhagen-Stiftung, Stadt und Landkreis Hildesheim sowie der Bürgerstiftung Hildesheim. Radio Tonkuhle fungiert dabei als Träger, die Projektleitung hat Sabine Kuse übernommen.
Text & Bild: Kilian Schwartz
Kehrwieder am Sonntag, 25. August 2019